Samstag, 28. September 2013

Stichwort: Aufmerksamkeitsdefizit…!

Irgendwas läuft schief, meine Assistentin Ludmilla bekommt mehr Fanpost als meine Wenigkeit. Was hat sie, was ich nicht habe?! Brüste? Einen Tanga? Also, darüber könnten wir reden...! Die Gute ist nur noch mit dem öffnen von Briefen, beantworten von Mails und mit sexy Webcam-Sitzungen beschäftigt. Wenigstens habe ich ihr jetzt einen Live-Kanal eingerichtet, da lohnt sich das Theater um Ludmilla immerhin finanziell. Mein Buchungssystem für sie ist auch bald fertig, dann kann das Geschäft richtig losgehen. Ludmilla bekommt eine Anfrage nach der nächsten, auch honorige Ex-Persönlichkeiten wie Philipp Rösler oder der Nudelchef Guido Barilla von und zu Pasta haben bereits angefragt. Aber Ludmillas Grundsatz lautet: „Ich fangen nie was an mit Penne Arrabiata, brennt wie Sau danach!“ Allerdings ist zwischendurch das Kalendersystem ein klitzekleines bisschen durcheinander geraten, weil Ludmillas schwachköpfiger Schwager wiedermal polnischer Super-Techniker spielen musste. Und zack hatte ich an einem Tag fünf Buchungen drinstehen, aber was zuviel ist, ist zuviel. Die liebe Ludmilla muss auch mal atmen können. Ich habe ihr bereits vorgeschlagen, ob sie nicht als Verstärkung ihre bedeutend ältere Schwester für ein paar Tage dazubuchen will?! Da lachte sie: „Chef das nix gut Idee, mein Schwester Oliwia noch Jungefrau. Hat nix wie ich gut Berufsverfahrung.“ - „Ludmilla, du willst doch nur nicht die Belgischen Pralinen teilen, die dir alle „Termine“ heimlich zustecken...“ Maaann, die versaut mir mit ihrer Figur noch das ganze Geschäft.
 
 
Ludmilla ist das Opfer eines klassischen Aufmerksamkeitsdefizits. Doch sie ist nicht allein, es ist eine Massenkrankheit geworden. Gerade sitze ich hier und der alljährliche Berlin-Marathon läuft an meinem Fenster vorbei. Samstags die Inline-Skater und am heutigen Sonntag die internationale Scharr von Läufern. Stundenlang stehen Passanten und Nachbarn auf der Straße, pfeifen, rasseln und jubeln l a u t s t a r k. Jedem das seine, aber hat ausgerechnet Ludmilla auch mitlaufen müssen? Natürlich! Als Anführerin einer Gruppe voller Aufmerksamkeitsschüchtigen, suhlt sich Ludmilla unter ihresgleichen. Ob nun grade frisch aus der Pubertät oder so alt, dass man schon aus Mitleid klatscht, rennen alle Beteiligte um den Sieg und um die minuten-kurze Anerkennung. Wenn man aber nachfragt heißt es immer „Oh nein, es war mein Lebenstraum hier mitzulaufen“ oder „Ich mache mit aus der reinen Freude zum Sport“ oder der All-time-Klassiker „Dabei sein ist alles“. Würg, kotzt, hust, alles ach so selbstlose Menschen. Eine Herde der toleranten Barmherzigkeit, mir kommen die Tränen. Kleine Selbstdarsteller in kitschig-bunten-Lycra-Marathon-Höschen. An dieser Stelle sei gesagt: Ludmilla trägt selbstverständlich NICHTS drunter! Und sie hat sich so eine völlig bekloppte Capy gekauft, mit zwei Dosenhalterungen rechts/links und zwei Schläuchen zum trinken. So wie ich die kenne wird sie sich eh wieder an einen der Sieger aus Äthiopien ranmachen. Ludmilla mag es dunkel und schnell (ich altes Plappermäulchen...). Nun von mir aus kann ja jeder machen was er will, aber dann sollte man auch dazu stehen und kein Fleurop-Blumenbouquet drum herum bauen. Wer ehrlich um Aufmerksamkeit bettelt, kann schneller erhört werden. Das ist genauso wie bei denen, die sich ihre Facebook-Fans dazukaufen. Na ja, die einen laufen Marathon die anderen täuschen einen Asthmaanfall vor. Wenn´s um Aufmerksamkeit geht, da werden die Nationen erfinderisch. Meine Oma, ihres Zeichens eine Diva, schmetterte in einem Luxusrestaurant ein Filet samt Teller auf den Boden. Sie hatte mehrere Operationen an der Zunge wegen zuviel Heuchelei, ähm nein, es war doch wegen dem Zungenkrebs. Da die arme Frau niemandem leid tat, musste eben der Teller dran glauben, gepaart mit einer gekonnten Heulattacke. Gott hab sie selig! Aufmerksamkeit kennt eben keinerlei Grenzen. Wohl dem, der ein Grenzgänger ist und es schafft aufmerksam-unkaufmerksam zu bleiben.
 
 
Mal sehen was der Tag noch so bringt, vielleicht feuere ich ja gegen Ende des Berlin Marathons eine der letzten Krücken an, die sich zum Ziel am Brandenburger Tor quälen. Für die sind meistens nur noch die Krümel vom Aufmerksamkeitskuchen übrig und die Kehrmaschine des Bezirks fährt im Schritttempo neben ihnen her...-„Ey Ludmillaaa, hör auf vor dem Fenster eine auf Tabeldance-Queen zu machen. Die alten Lustmolche vom Seniorenheim gegenüber sollen dich gefälligst über deinen Live-Kanal buchen. Ich habe schon extra Handzettel verteilt.“ Wenn man mal ein paar Sekunden nicht aufpasst...
 
 
That´s all!
 
Euer Luckenbill








Foto by Kyle Thompson










 
 
 
 
 
 
 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen