Samstag, 21. September 2013

NOW, it´s your turn...!

Wenn es nach meiner Assistentin Ludmilla geht, hat ja alles im Leben seine Bestimmung und feste Ordnung. Ein kleiner Blick auf ihre Garderobe verrät, dass sie diese Philosophie sehr ernst meint. Die Sammlung an mikrokurzen Miniröcken ist beachtlich und hat auch ein festes cm-Maß. Mit Ludmilla U-Bahn zu fahren in Berlin ist wirklich kein Vergnügen. Es gibt Stellen da ist doch mittig eine Stange zum halten eingebaut. Ludmilla fühlt sich von dieser Stange immer magisch angezogen, als ob es ihr in die Wiege gelegt wurde: peinlich, auffallend und ordinär zu sein. Das Publikum in der Bahn beäugt ihren Stangentanz kritisch, da sie auch oftmals ausrutscht und es eher quälend aussieht. Ich selbst beobachte das immer aus einem anderen Abteil durch die Scheibe der trennenden Tür. Allerdings, wenn wir früh morgens fahren, dann bekommt sie immer Applaus und all die Bürohengste stecken ihr Münzen ins Dekolleté. Na ja, für Scheine ist die Performance noch nicht genug ausgereift, da müssen wir noch an der Choreographie feilen und uns ein paar Andrea-Berg-Shows bei YouTube reinzeihen. Von dem erwirtschafteten Geld kaufe ich mir dann immer gleich zwei Croissants in der Galeries Lafayette und Ludmilla trägt freundlicherweise die Tasche. Alle paar Wochen gönne ich ihr den Luxus und wir kaufen in der Apotheke eine Wundsalbe, schließlich ist so ein Stangentanz auch für die lieben Hautzellen eine Aufreibung...im wahrsten Sinne des Wortes. Das Herzchen schmiert sich die Salbe aber immer zu dick drauf und im Sommer läuft sie die Beine runter...es wird halt irgendwie nichts mit dem Imageaufbau bei Ludmilla, die olle Tropfsteinhöhle muss noch viel lernen. Der Apotheker schenkt ihr immer alle möglichen Verhütungsmittel, als ob ich nicht auf meinen Nebenerwerb gut aufpassen würde. Der denkt auch, weil er studiert ist er sei der Nabel der Welt: „Flachpfeife!“
 
 
Doch die Gute ist wenigstens mutig und nimmt das Leben nicht so schwer. Wenn die Gelegenheit für Spaß gekommen ist, greift sie diese am Schopfe und legt los. Es geht bei ihr nicht nach der Uhrzeit oder bestimmten Konventionen. Leben ist zum leben da. Wie simpel eigentlich: „Leben ist zum leben da“..., aber warum ist es dann so unglaublich schwer diese Weisheit auch im Leben umzusetzen?! Ich könnte diesen Satz nun jede Woche schreiben, er wäre kurzfristig in den Köpfen und Montags doch schon wieder lange vergessen. Wann beginnt Leben und wann hört es auf? Doch nicht mit der Geburt und dem Tod, so einfach kommt ihr mir nicht davon. Alles hat einen Anfang und auch sein Ende, Lebensphasen bestimmen unsere Sicht auf das Leben. Mal sind sie gut, ein anderes mal wieder nicht, ein Wechselspiel der Gefühle. Wer zuviel nachdenkt hat es wohl schwerer das persönliche Glück zu finden, denn vom Nachdenken entsteht kein Glück. Es ist das Handeln was uns ergo die gute Empfindung schenkt. Wer tut, kommt der Sache näher, wer nichts tut verpennt das Leben. Immer wieder von vorne beginnt der Prozess des Lebens, wer sich hinter seinem Alltag versteckt, wiedersagt dem Leben im Prinzip schon von vornherein. Doch wie erklärt man einem Kind was Leben bedeutet?! Jeder hat da eine andere Auffassung und so werden klare Richtlinien vererbt. Vorstellung von dem richtigen way of life machen wir uns oft an Beispielen fest. Da sieht man dies und das und denkt sich dabei: Ach schau an, so kann Leben also auch funktionieren. Es gibt kein richtig oder falsches Rezept für das richtige Leben. Ich glaube auch nicht daran, dass man nur ein guter Mensch ist, wenn man sein Leben in den Augen anderer perfekt und makellos führt. Auf die am Ende gehaltene Grabrede ist somit gepfiffen. Da ist es doch schon zu Ende das Leben und was man bis dahin nicht getan hat, kann auch nicht mehr Gegenstand der eigenen Geschichte werden, that´s so easy. Vielleicht geht der Weg zu einem guten Leben über Fehler. Fehler machen ist doch keine Schande, auch wenn man dies so oft eingetrichtert bekommt. Fehler sind neben dem täglichen Toilettengang das menschlichste, was es in einem LEBEN gibt. Schon komisch ein so negativ behaftetes Wort wie Fehler mit Leben in Verbindung zu bringen. Fehler sind für mich der Schlüssel, durch Fehler kann man lernen wie es nicht geht und wie es sein sollte oder könnte. Der Anfang, eines langen Weges. Wer am Ende angekommen ist und auch nicht mehr weiter will, hat mit Leben und dessen symbolischer Verpflichtung nichts am Hut. Anfangen kann man immer und zu jeder Zeit, jetzt, sofort, heute. Ist das nun richtig was ich da verzapfe? Es kann auch falsch sein, aber ich lebe...NOW, it´s your turn!
 
So schaue ich weiter beherzt zu, wenn Ludmilla-Mäuschen Fehler macht. Sie wird es mir noch danken...: “Und jetzt ab an die Stange Ludmilla, ich will schließlich noch was von den frischen Croissants abbekommen.“ – „Ja Chef, heut nix gut los in U-Bahn, ich geb Mühe.“ – „Abwarten Liebes, die Touris aus Afghanistan kommen gleich, Tipp vom Schaffner. Bei dem musst du später auch noch ganz kurz vorbeischauen.“
 
That´s all!
 
Euer Luckenbill
 
 
 

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