Sonntag, 29. Juni 2014

Das Leben ist kein Ticketautomat...!


Genauso wenig wie es kein Kaugummiautomat oder ein Ponyhof ist, kann man sich am Ticketautomaten einen Fahrschein ziehen, der dich unverzüglich Richtung Liebe fährt. ACHTUNG, die Illusion packt dich wieder am Arm, am wunden Punkt schleudert sie dich auf die Gleise.
Ich mein, stell dir das doch mal vor, einen Automaten in den du, zum Beispiel Berliner Verhältnisse 2,60€ einwirfst, dich bequem in die Bahn hockst und mit Speed in den Schoß der Liebe chauffiert wirst. Sind wir uns sicher, all die heiratswilligen Übergänger würden die Bahnhöfe mit ihrer Anwesenheit sprengen, die Kassen der Berliner Verkehrsbetriebe vor Einnamen nur so sprudeln, alle Kontrolleure arbeitslos und die Luft in den Wagons noch stickiger. 
Na herzlichen Glückwunsch, kann einer bitte dieses Gekritzel "Richtung Liebe" abkratzen?!


Ein Tagesticket, ach was, warum nicht gleich eine Mehrfahrten-Karte. Man will doch Erfahrungen sammeln, Ziel unbekannt, nächster Halt: Lovehausen.
Am Bahnsteig stehen sie, die Menschen. Meist versunken in Gedanken oder der selbst auferlegten Hetze. Manche schauen auf die Gleise und andere in den schwarzen Tunnel. Warten, abwarten, zuwarten bis die Anzeige erscheint: Einfahrt.
Türen öffnen sich, Mitfahrer wechseln, Türen schließen sich. Ein schrilles Signal setzt an zur Weiterfahrt. Man starrt, beobachtet andere, blickt apathisch auf sein Smartphone, liest ein Buch, kaut Fingernägel oder schnäuzt unüberhörlich ins Tempo. Eine Reise ins Glück, eine Fahrt in Richtung Veränderung. Liebe bedeutet Veränderung, sie verändert dich und mich. Die Sehnsucht danach wird oft mit Liebe verwechselt, zu oft lieben wir tatsächlich nur das Gefühl. Genauso auch, als ich das Ticket abstemple und am U-Bahnhof Ernst-Reuter-Platz diese Aufschrift entdecke. Ich werde wach, in der einen Hand meinen Cappuccino, in der anderen stecke ich das Ticket in den schmalen Schlitz. Es ist Sonntag, die Stimmung allgemein bedeckt, so wie das Wetter. Verdutzt und doch glücklich darüber, dass ich diese Entdeckung machte, stellte ich mich in die Reihe um auf die Bahn zu warten. Es ist ein gutes Gefühl seine Umwelt wahr zu nehmen, doch zugleich lässt mich der Gedanke nicht mehr los. Wer hat es auf den Automaten draufgeschrieben, „Richtung Liebe“.
War es jemand, der in Vorfreude auf einen geliebten Menschen seinen Übermut dokumentierte, oder war dieser Jemand auch nur melancholisch vollbepackt mit dem Wunsch, die Erfüllung seines Lebens zu finden. Die Schrift wirkt kurzentschlossen, in Eile verfasst. Das Wort „Liebe“ schreibt dieser Jemand größer, es ist für ihn vordergründig. Im Prinzip noch voller Hoffnung, Erwartungen und dem reinen Glück einer reinen Liebe. Vielleicht ist dieser Jemand auch einfach nur naiv, unschuldig oder ein Glückspilz. Aber auf jeden Fall steckt dieser Jemand voller Träume und Phantasie, nichts anderes kann dich dazu bewegen sich ein Ticket „Richtung Liebe“ zu wünschen. 

Wollen wir hoffen das dieser Jemand seine Liebe gefunden hat, pünktlich zur rechten Zeit, am rechten Ort wahr.
Das Ticket zur Liebe, klingt fast nach einem Romantitel von Rosamunde Pilcher, der nur mit viel Whiskey zu ertragen ist. 

 
...und wieder schließen sich die Türen, ich bleibe sitzen. Meine Haltestelle wurde noch nicht angezeigt, ich muss warten. Das Signal zur Weiterfahrt seufzt sanft in den Rausch des dunklen, endlos wirkenden Tunnel. 
Die abgefahrenen Schienen flüstern: "Entgleisung eine Möglichkeit." Aber halt, mein Ticket hat doch noch Gültigkeit.


That´s all!

Euer Luckenbill







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