Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern dieser Erde, sind
wir Deutschen oft nur in der Lage denjenigen zu grüßen, der uns auch in
irgendeiner Art und Weise persönlich bekannt ist. Da würde es doch schon
reichen, dass man morgens um die gleiche Zeit beim Bäcker steht oder sich nach
Jahren in der Bahn einen Blick zuwirft, weil man den gleichen Weg zur Arbeit
hat. Im Straßenverkehr an der Ampel wird eine Rallye-Situation provoziert, wer
drückt bei grün schneller auf´s Gaspedal, duellierende Gestiken sind die
Tagesordnung. Fern ab eines freundlichen Hallos, sind wir uns fremd geworden.
Der Clou ist das wir uns in einer Masse bewegen voller
Unterhaltung, stumme Unterhaltung. Der Kopf gesenkt, apathisch fixiert auf
einen Bildschirm, grade mal doppelt so groß wie eine Visitenkarte. Die
Parallelwelt Smartphone! Ich bin jetzt hier und da und später bin ich dort.
Warum teile ich mit wo ich gerade bin, wenn sowieso die Möglichkeit eines
Gespräches kaum besteht, da ich ja für Instagram meinen Kuchenteller posten
muss und vorher mit Filtern die Wirklichkeit verzerre. Ich habe die Chance zu
mogeln, mir eine Gesellschaft in Form von Likes und Herzchen anzugedeihen. Das
bringt Aufmerksamkeit mit sich und durch das kommentieren, kommuniziere ich gleichzeitig.
Also bin ich, weil ich profiliert bin. So gesehen kein Fremder, denn ich
hashtage fleißig jeden Tag: #gutenmorgenkeule #wiedergesund? Soll so ein
Gruß zur Genesung aussehen? Kurz und bündig, mehr Gestaltung als Inhalt. Weg
vom eigentlichen Sinn das ich jemandem etwas wünsche. Und Abraham aus
Istanbul hat es geliket, jetzt muss es Keule unweigerlich besser gehen.
Aus der Ferne, aus der Fremde. Sich fremd sein und Vertauen sind beide artverwandt! Um einen Funken Vertrauen zu vergeben, muss ich erstmal
schnuppern dürfen. Soweit legitim. Aber wieso soll ich mich mit der Person
treffen und im Gespräch herausfinden mit wem ich es zutun habe? Quatsch, ich
gucke im Netz nach seinen Profilen und mache mir daraus ein Bild, mein Bild,
easy way of mind. Ich entfremde mich, obwohl um mich herum genug Potenzial
herrscht. Der Austausch zwischen zwei Menschen regt zum Nachdenken an, es erweitert unsere Sinne. Abgestumpft und tot
bewegen wir uns im Strudel der Terminologie und bemerken gar nicht wie sehr wir uns der Menschlichkeit abwenden. Moderne Familien ersetzen das allgemein beliebte Babyphone
durch das Smartphone mit hübscher Handyhülle, welche ein Foto des Neugeborenen
ziert. Die jungen Eltern informieren sich gegenseitig folgendermaßen: #derkleinehatdiewindelvoll
#binimmeeting #erbekommtseinezähne
#stehduaufichhabmorgeneinepowerpointpresentation
#diekrabbelgruppehatgeschlossenwegeneinemvirus #schreienkannerwieeinlöwe
#gehemituschiineinebarkümmerdudichumjustin #justinwillinsballet #natoll #unserjungewirdeinehupfdohle
Wir verlernen das sprechen
miteinander und aus Abkapslung wird Einsamkeit. Anonymität in einem Haufen
voller Aufmerksamkeitssucht, schon sehr skurril und sehr speziell wie wir
Menschen der Neuzeit ach so modern sind. Unser Fortschritt war erst der
Rückschritt, alles davor hatte Zukunft.
Und bist du die Affäre eines verheirateten Familienvaters,
der sein Abenteuer mittags zur Teatime bei dir im Bett sucht, erwarte keinen
Gruß auf offener Straße, wenn du ihm und seinen lieben Kleinen begegnest. Er
schickt dir stattdessen im Chat einen virtuell, gehauchten Kuss voller
knisternder Erotik. Mehr hast du nicht verdient! Schenkst du mir trotzdem ein klitzekleines Lächeln?
That´s all!
Euer Luckenbill
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