„Bofrost ist für alle da – Narben sind zum heilen da“.
Okay, zugegeben gibt es bessere Einleitungen in eine Wochenkolumne als die eben
rezitierte. Aber da ich heute irgendwie flapsig bin, muss man das nun ertragen
oder gleich wegklicken, so what. Letzteres wäre schade, da dem weiteren Verlauf
eine Bemühung von reinster Sachlichkeit geschuldet wird. -...kann ich
geschwollen schreiben!...- Wer nun denkt ich würde den Ansatz suchen wollen, um
für die Wiederherstellungschirurgie eine Lanze zu brechen, dem sei gesagt: Bin
ich Humboldt?
Sichtbare Narben können an einen Unfall erinnern und sich
damit in das Gedächtnis einprägen. Sie zieren deinen Körper ein Leben lang: Eine dauerhafte Mahnung. Viele erschrecken vor dem Anblick einer
Narbe, dabei bedeutet sie einfach nur Leben. Leben und zugleich eine oder
mehrere Erfahrungen. Erfahrungen die ihre Spuren hinterlassen haben und der
Umwelt kommunizieren, dass etwas passiert ist was sich nicht mehr rückgängig
machen lässt. Das verstecken von Narben ist salonfähig geworden, man möchte sie
nicht sehen in einer Gesellschaft die es mittlerweile gewohnt ist körperliche
Verfehlungen zu korrigieren. Doch in einer glatt-gebügelten Gesellschaft werden
natürlich auch keine Fehler gemacht, so können auch keine Narben entstehen.
Soweit so gut! Sichtbare Blessuren sind somit gewissermaßen, ja eigentlich
doch, schon, streng genommen, ach klar mit ziemlicher Sicherheit, irgendwie
absolut, völlig grenzenlos...ja was eigentlich? Selbstverständlich mag kaum
einer äußerliche Narben, offensichtlich gekennzeichnet zu sein bedarf ein
starkes Selbstbewusstsein. Selbst-bewusst-seiner Vergangenheit und der, mit der
Narbe verbundenen Entscheidung. Eine Markierung die oft kritisch oder mit
tiefem Mitleid von der Umwelt betrachtet wird. Wer braucht das schon! Nun für
was gibt es die glorreichen inneren Narben, gut verborgen in den Tiefen deiner
Erscheinung, gehütet wie ein Schatz. Die menschliche Hülle eine Blende,
Schutzfilm oder besser noch das Pflaster deiner Verletzung. Wie viel Schmerz
kann hinter einem Lächeln stecken, eingebettet in den schweren Vorhang des
Schweigens? Soll ich mal reingucken...? Alles voll, ach herrje da ist alles
übersät von Narben. Da bist du von außen so gefestigt und mimst den starken
Typus und dabei ist alles zerstört. Kaputt und erledigt betrachtest du die Welt
durch deine zerbrochene, von Blut verschmierte Brille. Diese Wunden kann
niemand mehr heilen? Sie sind eingebrannt in die Seele! Für immer und ewig
wirst du bei ähnlichen aufkommenden Situationen schlagartig daran erinnert. Sie klaffen auf, der Eiter deiner Geschichte fließt in strömen. Ich will das
alles nicht mehr, es muss aufhören. Mach die Augen zu, tu etwas, es ist meine
Schuld. Ich bohre tief den Daumen in die offene Stelle, bis der Schmerz
unerträglich wird. Schmerz kennt keine Grenzen, das Ende bestimmst du. Und noch
mal, und noch mal, und noch mal, und noch mal, und noch mal. Du willst es doch
auch, weh tun soll es, schmerzen muss es. Nur noch dann spürst du dich und dein
verkommenes Gedankengut. Die Narben haben deine Existenz aufgefressen, sie
werden siegen über dich und deinen Verstand. Was hast du verstanden? Du hast
gar nichts verstanden! Es werden immer mehr, mehr und immer mehr. Dein Grinsen
wird breiter, es tut nur noch weh. Wann kommt die Rettung? Wo ist der Balsam
der deine Seele liebkost?
Die alten Narben werden bleiben. Doch vor der Narbe kommt
immer erst die Wunde, diese kannst du heilen, nicht verstecken.
That´s all!
Euer Luckenbill
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