Genauso wenig wie es kein Kaugummiautomat
oder ein Ponyhof ist, kann man sich am Ticketautomaten einen Fahrschein ziehen,
der dich unverzüglich Richtung Liebe fährt. ACHTUNG, die Illusion packt dich
wieder am Arm, am wunden Punkt schleudert sie dich auf die Gleise.
Ich mein, stell dir das doch mal vor,
einen Automaten in den du, zum Beispiel Berliner Verhältnisse 2,60€
einwirfst, dich bequem in die Bahn hockst und mit Speed in den Schoß der Liebe chauffiert wirst. Sind wir uns sicher, all die
heiratswilligen Übergänger würden die Bahnhöfe mit ihrer Anwesenheit sprengen,
die Kassen der Berliner Verkehrsbetriebe vor Einnamen nur so sprudeln,
alle Kontrolleure arbeitslos und die Luft in den Wagons noch stickiger.
Na herzlichen Glückwunsch, kann einer bitte dieses Gekritzel "Richtung Liebe" abkratzen?!
Ein Tagesticket, ach was, warum nicht
gleich eine Mehrfahrten-Karte. Man will doch Erfahrungen sammeln, Ziel
unbekannt, nächster Halt: Lovehausen.
Am Bahnsteig stehen sie, die Menschen.
Meist versunken in Gedanken oder der selbst auferlegten Hetze. Manche schauen
auf die Gleise und andere in den schwarzen Tunnel. Warten, abwarten, zuwarten
bis die Anzeige erscheint: Einfahrt.
Türen öffnen sich, Mitfahrer wechseln,
Türen schließen sich. Ein schrilles Signal setzt an zur Weiterfahrt. Man starrt,
beobachtet andere, blickt apathisch auf sein Smartphone, liest ein Buch, kaut Fingernägel oder
schnäuzt unüberhörlich ins Tempo. Eine Reise ins Glück, eine Fahrt in Richtung
Veränderung. Liebe bedeutet Veränderung, sie verändert dich und mich. Die
Sehnsucht danach wird oft mit Liebe verwechselt, zu oft lieben wir tatsächlich
nur das Gefühl. Genauso auch, als ich das Ticket abstemple und am U-Bahnhof
Ernst-Reuter-Platz diese Aufschrift entdecke. Ich werde wach, in der einen Hand
meinen Cappuccino, in der anderen stecke ich das Ticket in den schmalen
Schlitz. Es ist Sonntag, die Stimmung allgemein bedeckt, so wie das Wetter.
Verdutzt und doch glücklich darüber, dass ich diese Entdeckung machte, stellte
ich mich in die Reihe um auf die Bahn zu warten. Es ist ein gutes Gefühl seine
Umwelt wahr zu nehmen, doch zugleich lässt mich der Gedanke nicht mehr los. Wer
hat es auf den Automaten draufgeschrieben, „Richtung Liebe“.
War es jemand, der in Vorfreude auf einen
geliebten Menschen seinen Übermut dokumentierte, oder war dieser Jemand auch
nur melancholisch vollbepackt mit dem Wunsch, die Erfüllung seines Lebens zu
finden. Die Schrift wirkt kurzentschlossen, in Eile verfasst. Das Wort „Liebe“
schreibt dieser Jemand größer, es ist für ihn vordergründig. Im Prinzip noch
voller Hoffnung, Erwartungen und dem reinen Glück einer reinen Liebe.
Vielleicht ist dieser Jemand auch einfach nur naiv, unschuldig oder ein
Glückspilz. Aber auf jeden Fall steckt dieser Jemand voller Träume und
Phantasie, nichts anderes kann dich dazu bewegen sich ein Ticket „Richtung
Liebe“ zu wünschen.
Wollen wir hoffen das dieser Jemand seine
Liebe gefunden hat, pünktlich zur rechten Zeit, am rechten Ort wahr.
Das Ticket zur Liebe, klingt fast nach
einem Romantitel von Rosamunde Pilcher, der nur mit viel Whiskey zu ertragen
ist.
...und wieder
schließen sich die Türen, ich bleibe sitzen. Meine Haltestelle wurde noch nicht
angezeigt, ich muss warten. Das Signal zur Weiterfahrt seufzt sanft in den Rausch des dunklen, endlos wirkenden Tunnel.
Die abgefahrenen Schienen flüstern: "Entgleisung eine Möglichkeit." Aber halt, mein Ticket hat doch noch Gültigkeit.
That´s all!
Euer Luckenbill
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