Ein Anruf, ein Termin, ein Hauch
Überwindung. Der Schönheit wegen wird gespritzt was das Zeug hält. Manch
durchschnittlicher Arzt wurde dadurch zum Millionär und freut sich über jede
neue Kundin, die mit nett gefülltem Portemonnaie durch ihre Sonnenbrille
lächelt und den lieben Onkel Doktor kniend anfleht: Mehr Doktorchen, spritz
mehr.
Das Alter spielt dabei nur noch eine
untergeordnete Rolle, es ist nicht mehr das Privileg der hiesigen Society Ladys
mit den Schlauchboot-Lippen.
Nein, auch Jenny-Lara um die Ecke kann
sich botoxen, wenn sie brav das Sparschwein in Ruhe lässt.
Ein Fältchen hier, ein Fältchen da. Von
der Notwendigkeit mal abgesehen, die 14-jährige Jenny-Lara könnte es auch
einfach sein lassen. Ihr Jugendschwarm,
Dennis-Justin schwängert sie auch mit ner Falte in der Fresse und lässt sie
sitzen. Gut, sind wir nicht so, gönnen wir ihr jetzt den Spaß. Später mit Hartz
4 ist die Antragsdauer für Botox-Zuschuss unerträglich lang.
Ach, wie herrlich einfach ist doch das
Leben. Was nicht ins Spiegelbild reinpasst wird glatt gebügelt.
Wow, ich meine dann bekomme ich für den
ganzen anderen Kram auch eine Spritze. So für die enttäuschte Liebe,
erdrückende Sorgen, oder die Ängste und Nöte, vielleicht auch gegen Verluste
und unerreichbare Ziele.
Wie heißt denn der Arzt, bei dem ich diese
schnelle Hilfe aus der gläsernen Ampulle beziehen kann?
Moment, ich brauch erst Zettel und Stift.
So, jetzt, schieß los...
Bitte wer? Herr Dr. Leben? Herr Dr. Leben!
Und der Typ hat all die Lösungen im
Medizinkästchen, so ganz ohne Rezept. Cash auf Kralle und er fängt an zu
spritzen? Hammer.
Bitteschön wo finde ich Dr. Leben? Wie am
Ende meines Lebens? Ich will den aber jetzt aufsuchen, hör mal, wenn dass so
einfach ist durchs Leben zu kommen wart ich doch nicht bis auf´s Ende.
Tja, die wahre Schönheit liegt im Leben
selbst verborgen, oft hinterlässt es Spuren. Sichtbare Spuren, die einfach
dazugehören. Diese wollen wir aber nicht sehen, weil sie uns erinnern, an harte
Zeiten und verzweifelte Momente. Gezeichnet zu sein beweist aber der Umwelt,
dass man gelebt hat.
Nicht zu feige war und nicht jede
Unannehmlichkeit gleich weggespritzt hat. Sich auseinandersetzen mit den Spuren
der Zeit, ist ein Auseinandersetzen mit dir selbst. Jede Pore, all die tiefen
Gräben unter deinen müden Augen, die Mimikfalten vom vielen denken sind Zeugnis
dass du nichts unversucht gelassen hast, um zu leben.
Doch die Oberflächlichkeit säuselt sanft:
„Man könnte aber
auch da oben rechts an der Stirn ein wenig wegspritzen.“
„Ja? Oh my god Darling wenn du das sagst.“
„Ja, ganz eindeutig! Warum denn auch
nicht...
...Schauuuuu, wie süß, dein Chihuahua Schnurzel-Schneuzchen schaut so
traurig aus seiner Louis Vouitton Hundetasche, der will bestimmt das selbe
machen wie sein Frauchen.
„Wuff-wuff...und danach Nägel lackieren,
Mamiiiii...!“
That´s all!
Euer Luckenbill