Herrlich duftend, knusprig frisch, so kennt sie jeder,
die Gans, natürlich die gebratene Gans. Komm auf den Punkt Mann: Den
Gänsebraten.
Meist fein glänzend glasiert, gefüllt auf die
unterschiedlichste Art und Weise, präsentiert sie sich in Nobelrestaurants,
teils in der Zeit stehen gebliebenen Gaststätten mit grausamen Tischdecken und
selbstverständlich bei den ach so harmonischen Familienfesten. Feste der
Freude, sozusagen ein Jour fix in jedem Kalender eines Familienjunkies, sind
diese Feste berühmt, eben in der Gänsebratensaison. Aber mal ganz unter uns, so
eine Gans ist eigentlich ein raffiniertes Luder, ein ausgekochtes Schlitzohr.
Wenn wir glauben, dass die Knuspergans,
auf einer Platte garniert mit Salatsträußchen und hauchdünn geschnittenen,
saftigen Orangenscheiben nur so daliegt und einfach nur darauf wartet, dass man
sie bis auf den letzten Knochen herunternagt und dann unbekümmert entsorgt,
liegt man nicht nur falsch, sondern hat anscheinend kein Jahr richtig bei den
Familienfestlichkeiten aufgepasst.
Ein Fehler, denn eine Gans kann viel mehr, eine Gans hat
eine Mission zu erfüllen, eine Gans ist der Innbegriff von Bösem, von
Zerstörung und Zwiespalt. Jetzt könnte man sagen, was soll das,
dafür wird die Gans halt geschlachtet da hat sie ihre gerechte Strafe, ihr Fett
abgegeben. Oder man kann behaupten, dass der Ausdruck
„du dumme Gans“ auf der Tatsache beruht, dass man eben die Gans tatsächlich als
dilettantisches Viech abtut, die weiß es eben nicht besser! Falsch, die weiß genau was sie tut und auch ihr Gefieder
in der Unschuldsfarbe Weiß, bringt ihr keinen erwähnenswerten Vorteil. Also
eine Gans ist ein Schaaf im Wolfspelz, was ich aber klar herauskristallisieren
möchte ist, dass eine tote Gans, trotz schlaffer Flügel, Boshaftigkeit
versprüht. Ist es nicht so, -mal Hand aufs Herz-, dass es bei all diesen
Familienfesten zu Querelen kommt, sei´s um den ewigen und unerbitterlichen
Kampf, um Brust oder Keule, oder einfach nur darum, dass die Vorfreude auf eine
Gans sekundenschnell im Keim ersticken kann, wenn die Gans die Bühne betritt? Es
soll sogar Fälle geben, wobei die Gans, ohne Rücksicht auf teueres Porzellan,
einfach mal ganz non chalance über den reich gedeckten Tisch, ungewollte
Flugstunden erhielt. Glaubt es mir, all die dazu gereichten Kartoffelklöße und
das bissfest gekochte, mit Maronen und einem Schuss Madeira verfeinerte
Rotkraut, sind nicht begeistert mit der Gans in Verbindung gebracht zu werden.
Fremdschähmen macht sich breit. „Und man vergesse nicht den Beifuss, in eine
Gans gehört gefälligst Beifuss.“ Schreit die sabbernden Großtante aus dem
Hintergrund. Beifuss, was für ein Gewürzname! Das Leben schreibt die
unglaublichsten Geschichten, aber Statistiken bestätigen nun mal, das in der
Phase des Gänseessens, die Familien am häufigsten zerstritten sind. Zuviel
Harmoniewünsche! Aber nachdem wir keine, von Vorurteilen geplagte Gesellschaft
sind, sollten wir noch mal unter dem Aspekt der Fairness, gründlichst eruieren
an was diese Eskalation von Zweibeinern liegt, außer als an der Gans. Ist es
so, dass es schon beim unabweichlichen Einkauf beim Metzger unseres Vertrauens
anfängt, weil die Metzgereifachverkäuferin nur vorgibt freundlich zu sein und
man sie am liebsten über die Theke ziehen möchte, um sie zu fragen, ob sie denn
wisse von wem sie eigentlich lebeeeeeeeeeeee, um ihre Hackfresse danach in das
frische Tatar zu drücken? Gewaltfreie Kommunikation kann Abhilfe leisten. Oder
geht der Frust erst zu Hause los, weil wir bemerken das man die Gans erst mal
richtig putzen muss, so was wie von Restfedern befreien, Kopf abhacken oder
Innereien rauspulen? Ist es das Ärgernis, bis die Gans in der Röhre steckt oder
passt sie erst gar nicht hinein? Ein Verwandter, der sich Jahre nicht gemeldet
hat, lädt sich plötzlich ohne zu Fragen selbst zum Gansessen ein. Unsere
Sitzordnung kommt somit ins wanken? Wie nett, ist uns auch schon aufgefallen,
dass die sauber geglaubte Tischwäsche voller Rotweinflecken von der letzten
Geburtstagsparty ist? Man hat sich vielleicht auch schon wieder an der viel zu
alten Geflügelschere verletzt und bis die Gans fachgerecht tranchiert ist, ist
sie sowieso schon erkaltet, die Haut nicht mehr kross, sondern wie nasse,
ausgedrückte Schrippen zum Klöße machen, ...ahhhhhhhhhhhh da kriegt man ja Gänsehaut!
Ja, aber jetzt kann es doch losgehen, alle bisher passierten Malheurs scheinen
wie weggeflogen. Das glaubt aber auch nur Ihr, es geht erst richtig los, der
eine will den Flügel, der andere nur mageres Brustfleisch, aber bitteschön ohne
Haut und mit viel Soße und Klöße? Wie ungeschickt, Salzkartoffeln wären doch
viel erwünschter gewesen und ehe man sich versieht hat jeder das, was er
eigentlich nicht mag.
Und da ist er, der Moment der gereizten
Stimmung, das Fass kommt zum überlaufen und die gegenseitigen Sticheleien
finden ihren Anfang, denn einmal den Fehler gemacht, zum Gansbratenessen an
Weihnachten einzuladen, bekommt man die negative Erfahrung nie mehr weg,
traumatische Erinnerungen nehmen ihren Lauf und es ist aus, mit Optimismus.
Bon appetit, zauberhafte Weihnachten und
einen ausreichenden Vorrat an Schnaps.
That´s
all!
Euer Luckenbill
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