Wenn es nach meiner Assistentin Ludmilla geht, hat ja alles
im Leben seine Bestimmung und feste Ordnung. Ein kleiner Blick auf ihre
Garderobe verrät, dass sie diese Philosophie sehr ernst meint. Die Sammlung an
mikrokurzen Miniröcken ist beachtlich und hat auch ein festes cm-Maß. Mit
Ludmilla U-Bahn zu fahren in Berlin ist wirklich kein Vergnügen. Es gibt
Stellen da ist doch mittig eine Stange zum halten eingebaut. Ludmilla fühlt
sich von dieser Stange immer magisch angezogen, als ob es ihr in die Wiege
gelegt wurde: peinlich, auffallend und ordinär zu sein. Das Publikum in der
Bahn beäugt ihren Stangentanz kritisch, da sie auch oftmals ausrutscht und es
eher quälend aussieht. Ich selbst beobachte das immer aus einem anderen Abteil durch
die Scheibe der trennenden Tür. Allerdings, wenn wir früh morgens fahren, dann
bekommt sie immer Applaus und all die Bürohengste stecken ihr Münzen ins
Dekolleté. Na ja, für Scheine ist die Performance noch nicht genug ausgereift,
da müssen wir noch an der Choreographie feilen und uns ein paar
Andrea-Berg-Shows bei YouTube reinzeihen. Von dem erwirtschafteten Geld kaufe
ich mir dann immer gleich zwei Croissants in der Galeries Lafayette und
Ludmilla trägt freundlicherweise die Tasche. Alle paar Wochen gönne ich ihr den
Luxus und wir kaufen in der Apotheke eine Wundsalbe, schließlich ist so ein
Stangentanz auch für die lieben Hautzellen eine Aufreibung...im wahrsten Sinne
des Wortes. Das Herzchen schmiert sich die Salbe aber immer zu dick drauf und
im Sommer läuft sie die Beine runter...es wird halt irgendwie nichts mit dem
Imageaufbau bei Ludmilla, die olle Tropfsteinhöhle muss noch viel lernen. Der
Apotheker schenkt ihr immer alle möglichen Verhütungsmittel, als ob ich nicht
auf meinen Nebenerwerb gut aufpassen würde. Der denkt auch, weil er studiert
ist er sei der Nabel der Welt: „Flachpfeife!“
Doch die Gute ist wenigstens mutig und nimmt das Leben
nicht so schwer. Wenn die Gelegenheit für Spaß gekommen ist, greift sie diese
am Schopfe und legt los. Es geht bei ihr nicht nach der Uhrzeit oder bestimmten
Konventionen. Leben ist zum leben da. Wie simpel eigentlich: „Leben ist zum
leben da“..., aber warum ist es dann so unglaublich schwer diese Weisheit auch
im Leben umzusetzen?! Ich könnte diesen Satz nun jede Woche schreiben, er wäre
kurzfristig in den Köpfen und Montags doch schon wieder lange vergessen. Wann
beginnt Leben und wann hört es auf? Doch nicht mit der Geburt und dem Tod, so
einfach kommt ihr mir nicht davon. Alles hat einen Anfang und auch sein Ende,
Lebensphasen bestimmen unsere Sicht auf das Leben. Mal sind sie gut, ein
anderes mal wieder nicht, ein Wechselspiel der Gefühle. Wer zuviel nachdenkt
hat es wohl schwerer das persönliche Glück zu finden, denn vom Nachdenken
entsteht kein Glück. Es ist das Handeln was uns ergo die gute Empfindung
schenkt. Wer tut, kommt der Sache näher, wer nichts tut verpennt das Leben.
Immer wieder von vorne beginnt der Prozess des Lebens, wer sich hinter seinem
Alltag versteckt, wiedersagt dem Leben im Prinzip schon von vornherein. Doch
wie erklärt man einem Kind was Leben bedeutet?! Jeder hat da eine andere
Auffassung und so werden klare Richtlinien vererbt. Vorstellung von dem
richtigen way of life machen wir uns oft an Beispielen fest. Da sieht man dies
und das und denkt sich dabei: Ach schau an, so kann Leben also auch
funktionieren. Es gibt kein richtig oder falsches Rezept für das richtige
Leben. Ich glaube auch nicht daran, dass man nur ein guter Mensch ist, wenn man
sein Leben in den Augen anderer perfekt und makellos führt. Auf die am Ende
gehaltene Grabrede ist somit gepfiffen. Da ist es doch schon zu Ende das Leben
und was man bis dahin nicht getan hat, kann auch nicht mehr Gegenstand der
eigenen Geschichte werden, that´s so easy. Vielleicht geht der Weg zu einem
guten Leben über Fehler. Fehler machen ist doch keine Schande, auch wenn man
dies so oft eingetrichtert bekommt. Fehler sind neben dem täglichen
Toilettengang das menschlichste, was es in einem LEBEN gibt. Schon komisch ein
so negativ behaftetes Wort wie Fehler mit Leben in Verbindung zu bringen. Fehler sind für mich der Schlüssel, durch Fehler kann man
lernen wie es nicht geht und wie es sein sollte oder könnte. Der Anfang, eines
langen Weges. Wer am Ende angekommen ist und auch nicht mehr weiter will, hat
mit Leben und dessen symbolischer Verpflichtung nichts am Hut. Anfangen kann
man immer und zu jeder Zeit, jetzt, sofort, heute. Ist das nun richtig was ich
da verzapfe? Es kann auch falsch sein, aber ich lebe...NOW, it´s your turn!
So schaue ich weiter beherzt zu, wenn Ludmilla-Mäuschen
Fehler macht. Sie wird es mir noch danken...: “Und jetzt ab an die Stange
Ludmilla, ich will schließlich noch was von den frischen Croissants
abbekommen.“ – „Ja Chef, heut nix gut los in U-Bahn, ich geb Mühe.“ – „Abwarten
Liebes, die Touris aus Afghanistan kommen gleich, Tipp vom Schaffner. Bei dem
musst du später auch noch ganz kurz vorbeischauen.“
That´s all!
Euer Luckenbill
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